Dieser Text ist ein Auszug aus dem Beitrag Objektrestaurierung mit finanzieller Unterstützung der Museumsfreunde in Nachrichten. Volkskundemuseum Wien Heft 4/2025.
Regenumhang aus Lindenbast
Der Regenschutz wurde aus unterschiedlich langen, schmalen Lindenbaststreifen gefertigt. Diese wurden um ein Baumwollband gelegt und durch eine eingeflochtene Schnur bündelweise fixiert.
Regenumhänge aus Bast, Gräsern oder Schilf waren in den Alpen bis ins 20. Jahrhundert hinein für die Arbeit im Freien, vor allem beim Hüten von Tieren, weit verbreitet. Am Bast bzw. an den Blättern perlten Regentropfen sehr gut ab und regenfeste Stoffumhänge oder Stoffmäntel waren teuer. Obwohl diese Umhänge so gebräuchlich waren, haben sich kaum welche in Sammlungen erhalten, was wohl an der Unbeständigkeit des Materials liegt. Wie alt genau der Bastmantel in den Sammlungen des Volkskundemuseum Wien ist, ist unbekannt. Er wurde 1909 von Wilhelm Tschinkel, einem in der Gottschee, Slowenien und in Kärnten tätigen Lehrer und Volkskundler, angekauft. Der Regenmantel war von 1994 bis Ende 2023 als sogenannter Grasmantel in der Dauerausstellung des Volkskundemuseum Wien ausgestellt. Dementsprechend verblasst, spröde, brüchig und fragil war das Material. 2025 wurde der Mantel mit Lasertechnologie behutsam und berührungsfrei gereinigt. Die Bearbeitung erfolgte von außen nach innen zuerst an den Außenseiten, anschließend an den Rückseiten der Baststreifen. Nach der Laserreinigung wurden die Streifen vorsichtig wieder in der ursprünglichen Position abgelegt. Die Restaurierung bewahrt den Mantel vor dem Zerfall und wird dieses einzigartige Zeugnis von vergangenen alpinen Lebensumständen für die Zukunft erhalten.
Kathrin Pallestrang, Textil- und Bekleidungssammlung und Elisabeth Egger, Online Sammlung Plus
Anmerkung: Nach neuen Erkenntnissen wurde ÖMV/22354 aus Streifen von Lindenbast gefertigt. Der Text wurde dahingegend verändert.
Online:
ÖMV/22354: Regenumhang aus Lindenbast
Bestandspläne aus der Geschichte des Gartenpalais Schönborn
Im Archiv des Volkskundemuseum Wien hat sich ein Konvolut Pläne erhalten, die die Übersiedlung des Museums aus Räumen in der Börse am Ring in das Gartenpalais Schönborn 1917 bis 1920 (offizielle Eröffnung am 26. Juni 1920) dokumentieren. Es handelt sich um Bestandspläne (jeweils Erdgeschoß und 1. Stock), Pläne mit den eingezeichneten baulichen Änderungen und sogenannte Rechnungspläne, die von einem detaillierten handgeschriebenen Baubuch begleitet werden. Diese Dokumentation war auch bei der aktuellen Bauaufnahme für die Generalsanierung nachgefragt. Weiters gibt es Grundrisse zur Planung der damals neuen Dauerausstellung, in die die Vitrinen, Beleuchtung und teilweise sogar die Besucher:innenführung eingezeichnet sind. Aus dem Konvolut wurden zwei Pläne für die Restaurierung ausgewählt: Es handelt sich um einen Plan mit den baulichen Änderungen im Erdgeschoß und einen Einrichtungsplan für den 1. Stock. Die beiden Pläne waren stark beansprucht und an den Falzen gerissen. Es existierten alte Klebungen, die sich aber großteils aufgelöst hatten.
Elisabeth Egger, Archiv
Online:
Eine Rarität sowie ein Lückenschluss in der Fotosammlung
Die Daguerreotypie (pos/66628) – Fotografie auf Kupferplatte, jedes Bild ein Unikat – entstand um 1850 im Atelier des renommierten New Yorker Fotografen Martin M. Lawrence (1808–1859). Sie zeigt das Porträt eines unbekannten Mannes und gilt als ältestes Objekt unserer Fotosammlung. Bei jeder Führung fasziniert sie das Publikum und markiert zugleich den Beginn der Fotografiegeschichte. Das Deckglas der Viertelplatte (10,5 × 8 cm) war stark von der sogenannten Glaskrankheit befallen – eine Gefahr für das Bild. Da zudem das Etui fehlte, konnten Staub und Luftschadstoffe ungehindert eindringen. Bei der 2025 erfolgten Restaurierung und Konservierung wurden das Deckglas ersetzt, der Messingrahmen gereinigt und seitliche Öffnungen geschlossen. Auch drei Glasplatten (dia/702, dia/703 und neg/54) der Ethnografin Eugenie Goldstern (1893/4–1942) wurden restauriert. Die Aufnahmen bäuerlicher Architektur im Salzburger Land aus den Jahren 1915 und 1918 – eine Almhütte, ein Hof und eine Dörrhütte – waren teils erheblich beschädigt. Bei einem Diapositiv wurde lediglich das gebrochene Deckglas ersetzt, bei den beiden anderen Objekten erforderten Brüche der Bildplatten eine konservierende Einhausung in einer Art Glasschatulle. Damit ist der gesamte im Volkskundemuseum befindliche Nachlass von Eugenie Goldstern gesichert – ein bedeutendes Zeugnis ihrer Forschung und eine weitere, bescheidene Würdigung der im Nationalsozialismus verfolgten und ermordeten Wissenschaftlerin.
Astrid Hammer, Fotosammlung
Online:
pos/66628: Positiv: Porträt eines jungen Mannes
dia/702: Diapositiv: Sennhütte auf der Tennalpe, Gemeinde Abtenau, Salzburg
dia/703: Diapositiv: Turnerhof, Radochsberg, Gemeinde Abtenau, Salzburg
neg/54: Negativ: Badestube, Tennengau, Salzburg
Zwei Objekte aus der Keramiksammlung
Für die Museumsgründer waren Keramiken aus Mähren ein wichtiges Sammelgebiet, so dass das Volkskundemuseum Wien heute eine bedeutende Sammlung an mährischen Fayencen hält. Außergewöhnlich an dem vorliegenden Schreibzeug mit Uhrständer (ÖMV/12340) ist seine Multifunktionalität. Es handelt sich um eine Art Kommode, bestehend aus einer Lade, kombiniert mit einem vollplastischen Aufsatz, der die Funktion eines Ständers für eine Taschenuhr hatte. Die Lade hat vermutlich der Lagerung von Federkielen gedient, und die runden Aufsätze waren zur Aufnahme der (fehlenden) Einsätze für Tinte und Streusand bestimmt. Das Objekt weist einen komplizierten Bruch auf. Mit der Restaurierung werden die Besonderheit und die außergewöhnlichen Funktionen des Objektes wieder erkennbar und für die Öffentlichkeit sichtbar.
Der Krug (ÖMV/36027) mit dem zentralen Motiv eines Töpfers an der Töpferscheibe ist von kulturhistorischer Bedeutung, denn er gibt einen seltenen Einblick in die Arbeitssituation dieses wesentlichen Handwerkszweiges, und er zeigt dessen wichtige Arbeitsgeräte. Zudem ist der Krug aus der Barockzeit ein frühes Beispiel einer Salzburger Fayence. Das Datum über dem Töpfer verweist auf das Jahr 1741. Das Objekt ist vor unbekannter Zeit nicht fachgerecht restauriert worden. Die entsprechenden Stellen zeigten sich gelblich verfärbt, und ein Teil der Glasur war abgeplatzt.
Claudia Peschel-Wacha, Keramiksammlung
Online:
ÖMV/12340: Tintengeschirr (Schreibzeug) mit Uhrständer
„Pelbartus“ – das älteste Werk in der Bibliothek des Volkskundemuseums Wien
Dieses 1505 datierte Druckwerk (Signatur 10317 N:10) weist altersgemäße Abnützungen durch seinen Gebrauch auf. Dazu zählen Verschmutzungen, Risse und Fehlstellen sowie der Verlust der beweglichen Teile der Schließen. Zusätzlich erlitt das Werk vor langer Zeit einen Wasserschaden. Der daraus entstandene Schimmelbefall hat der Papiersubstanz und der Bindung stark zugesetzt. Es handelt sich um das Werk „Sermones pomerii de sanctis Hyemales et Estiuales“, einen Klassiker der Predigtliteratur, von Pelbartus de Themesvar (1435–1504). Der Frühdruck ist nicht nur das älteste Werk aus dem Bestand der Bibliothek, sondern auch Teil zweier besonderer Sammlungsbereiche: Einerseits stammt der Druck aus der Gelehrtenbibliothek des Albert Wesselski (1871–1939), eines in Fachkreisen anerkannten Erzählforschers. Andererseits fand das Buch einige Zeit später Einzug in den Nummernkreis der sogenannten Mythenbibliothek, einen in sich geschlossenen, ca. 1.700 Bände umfassenden Buchbestand, der 1946 ins Haus kam und Gegenstand gegenwärtiger Retrokatalogisierung und Provenienzforschung ist.
Marlene Schütze, Bibliothek
Online:
10317 N:10: Sermones pomerii de sanctis Hyemales et Estiuales
Wir danken dem Verein der Freunde der kunsthistorischen Museen (Museumsfreunde) herzlich für die Zusammenarbeit und vor allem für die großzügige Unterstützung bei der Bewahrung der ausgewählten Museumsstücke.